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Selbstverteidigung
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Frauen












































Frauen Selbstverteidigung



Über die Kunst des Eiertretens

Oder: Was bringt Frauen eigentlich ein Selbstverteidigungskurs?

Körperlich mögen Frauen zwar nicht die Muskelmasse aufbauen, die ein Mann in der Lage ist sich anzutrainieren. Aber im Bereich sexueller Übergriffe gibt es eine Menge Möglichkeiten, sich als Frau zu schützen, ja, im schlimmsten Fall auch einen Bodybuilder-Türsteher in die Knie zu zwingen. Selbstverteidigung setzt dort an, wo wir Frauen uns psychisch oder physisch bedrängt oder bedroht fühlen. Die Bandbreite ist groß, sie beginnt mit einer sexistischen Äußerung, einer deplatzierten Hand und endet bei gewalttätigen Angriffen. Solchen Situationen vorzubeugen, sich gekonnt zu behaupten oder sich dagegen erfolgreich zu wehren, kann ein Selbstverteidigungskurs (SV-Kurs) vermitteln.

Von Brustgrapschern und Handauflegern

Eine Vielzahl sexueller Belästigungen oder Übergriffe beginnt subtil: Der Kollege, der auf der Betriebsfeier seine Hände so gerne auf fremden Schenkeln ablegt, der Chef, der sich beim Gespräch immer über den Blusenausschnitt beugt, der Discotänzer, dessen bestes Stück " frau" eindeutig am Hintern spürt oder der Mitfahrer im Bus, dessen Hände sich beim Bremsen auf die Brüste verirren. Alles ein Versehen. Wenn wir als Frauen dazu was sagen, heißt es schon mal: " Ich habe doch gar nichts gemacht!" oder " Das hättest du wohl gerne!"
Tja, da stehen wir resigniert und denken im Stillen, dass es besser ist, drüber hinweg zu sehen. Oder wir suchen früh das Weite, was durchaus eine gute Reaktion ist, zumindest eine bessere als die, es geschehen zu lassen.

Was können wir Frauen tun, damit uns dies nicht bzw. nicht wieder passiert? Sind und bleiben wir die Opfer, die solche Übergriffe nicht beeinflussen können? Die gute Nachricht: Wir können es beeinflussen.Nicht etwa, indem wir auf sittsame Kleidung achten und uns Zuhause einschließen. Bekanntlich werden Frauen auf der ganzen Welt sexuell belästigt, egal ob im Minirock oder mit Burka, ob auswärts oder in den eigenen vier Wänden. Aber wir können unsere Sinne schärfen, lernen, auf unser Bauchgefühl zu hören und unser Selbstbewusstsein schulen. Und das gelingt mit einem/ einer guten TrainerIn und in einer Gruppe häufig effektiver als allein nur mit gutem Vorsatz. Zudem können wir Frauen unser Auftreten in Mimik, Gestik und Stimme so schulen, dass wir unsere Grenze klar kommunizieren und Mut zu " Eindeutigkeit" entwickeln. Ein lächelndes " Nein" irritiert, Missverständnisse sind da vorprogrammiert. Lass ich einfach mal das Lächeln weg und meine Stimme es so sagen, wie ich es meine, brauch ich auch die Freundin als Übersetzerin nicht mehr (" Sie hat doch gesagt, sie will nicht..." ).

Von Kniestoß und Hackengas

Natürlich gibt es auch Techniken, die " frau" bei körperlichen Übergriffen einsetzen kann. Hauen und Treten? Gerne! Nur, wo ist es effektiv und wo verbrate ich meine kostbare Energie, nicht aber die des Angreifers? Wenige Sekunden, in denen der Angreifer mit sich selbst beschäftigt ist, verschaffen uns Frauen oft schon das nötige Zeitfenster, um " Hackengas" zu geben.

Beim Frauen-SV vermitteln Trainer simple Techniken, deren Effektivität die Frauen immer wieder regelrecht begeistern, O-Ton: " Das ist ja einfach! Daran denkt " man" gar nicht." Stimmt.
Darüber hinaus lernen viele Frauen die Scheu zu verlieren, sich vehement zu wehren. Den Kniestoß in das Männlichkeitszentrum kennt jede Frau - ihn auszuführen, kostet uns Überwindung. Rücksichtnahme liegt vielen von uns im Blut, was auch gut ist, aber eben nicht zum falschen Zeitpunkt. Wenn es uns an den Kragen geht, ist Schluss mit lustig! Wer immer noch skeptisch ist: Kriminalstatistiken belegen, dass 80% aller Belästiger vom Opfer ablassen, wenn ihnen Gegenwehr geboten wird.

Ob " nur" eine Handgreiflichkeit oder ein echter Angriff, es gibt für jede Situation eine Technik, die simplen physikalischen Gesetzen folgt und einen Übergriff im wahrsten Sinne des Wortes " aushebelt" . Andere Techniken gehen einem Angreifer regelrecht auf die " Nerven" (und auf die " Eier" ).

Von Jesus und Kopfkino

Natürlich gibt es auch gewaltfreie Möglichkeiten, den Belästiger oder Angreifer zu überraschen. Kennen Sie das: Wir malen uns einen romantischen Abend mit Kerzenlicht aus und er macht den Fernseher an?
Man spricht da vom Kopfkino, mit dem wir uns Situationen ausmalen, so auch der Täter. Und wir Frauen haben die Möglichkeit, ihm sein Kopfkino zu versauen. Es soll einen Vorfall gegeben haben, bei dem eine Frau sich einem potentiellen Vergewaltiger mit den Worten hingab: " Jesus liebt auch dich, mein Sohn." Der Täter ließ ab, die Frau blieb unversehrt. Ist das ein Wunder?

Die Facetten eines SV-Kurses sind dreifaltig, sie lauten:
a) Prävention (Sinne schärfen und Bauchgefühl schulen),
b) Selbstbehauptung (Stimme schärfen und Körpersprache schulen) und
c) Verteidigungstechniken (gekonnt kontern, wenn a) und b) nix gebracht haben)


Von Lara Croft und blauem Auge

Ich erlebe immer wieder die Euphorie der Frauen nach einem SV-Kurs. Ob das an dazugewonnenem Selbstbewusstsein, an erlebtem Gruppengefühl oder der Ausschüttung von Glückshormonen nach pulssteigernden Schlagtechniken liegt, kann ich nicht eindeutig sagen, wahrscheinlich ist es alles zusammen. Viele Frauen erzählen uns am Ende eines Kurses, dass sie sich sicherer und gestärkt fühlen, andere finden sich im Jujutsu-Training wieder. Das freut uns, weil es uns darin bestärkt, weiterzumachen und zu vermitteln, dass der Ausdruck " schwaches Geschlecht" nicht mehr zeitgemäß ist und dass notorische Belästiger in Zukunft froh sein können, wenn sie nur mit einem blauen Auge davon kommen.

Eins noch zum Schluss: Wer glaubt, nach einem vierstündigen SV-Training wie Lara Croft jedem mutmaßlichen Angreifer per Handkantenschlag oder Lowkick umzunieten, den müssen wir leider enttäuschen. Aber auch nur deshalb, weil vier Stunden zu wenig sind...

Ulrike Riemann
Kursleiterin Frauen-SV

Bei Frauen-Selbstverteidigungskursen hat " frau" am Ende immer die Möglichkeit, sämtliche Techniken mal so richtig und mit aller Härte auszuprobieren. Den Angreifer (meist vom Trainer gemimt) schützt dann der so genannte Fist®-Anzug.